Aufstieg nach La Verna - Auf dem Weg nach Assisi - Assisi in Sicht - Assisi erreicht

 

 

 

Was nehme ich denn nun mit?

Diese Frage wird sich in diesen letzten Tagen vor der Abreise wohl jede teilnehmende Person wenigstens einmal gestellt haben. Natürlich haben die netten Leute, die vorbereitet und organisiert haben, uns eine Packliste abgegeben. Trotzdem fällt sicher allen noch dieses oder jenes ein, das eventuell gute Dienste leisten würde, wenn man es mitnähme.
Nun denn! Ich habe mir Gedanken gemacht, was an nicht materiellen Dingen noch dabei sein könnte. Franz von Assisi begnügte sich mit wenig bis nichts auf seinen Reisen und Wegen. Am wichtigsten war ihm die offene und ehrliche Begegnung mit Mensch und Tier. Dann versuchte er etwas von seiner Gottesbeziehung und seinem Lebensstil an sein Gegenüber weiterzugeben. Diese Einstellung des Hl. Franz, so scheint mir, können wir ohne Mühe zwischen den Kleidern, Toilettenartikel und Wanderschuhen unterbringen.
Die Schöpfung Gottes, Fauna und Flora, versetzte Franz immer wieder in Erstaunen und liess ihn Gott loben und preisen. Neben Sonnenbrillen und solchen für eine klare Sicht hat ein offenes Auge für die Gegend durch die wir pilgern werden, sicher noch Platz im Gepäck. Ich jedenfalls freue mich, auf die Gegend in und um Assisi, die Spuren des Hl. Franz, die sich dort finden lassen, auf Gedanken, Impulse, Gespräche und religiöse Feiern, die mein gläubiges Herz höher schlagen lassen. Um dem Hl. Franz näher zu kommen, helfen vielleicht diese von einem Lied abgeleiteten Gedanken:
Der Geist Gottes hat ihn durchglüht. Er hielt sich an: wer gibt, empfängt; wer schenkt, erhält.
Franz folgte Schritt für Schritt dem Ruf Gottes. Dieser führte ihn dahin, wohin menschliches Denken niemals gegangen wäre. Mit Gottes Schöpfung fühlte er sich aufs Tiefste verbunden. Er predigte den Tieren, sang und tanzte. So drückte er seine Dankbarkeit und sein Lob aus. So möge Franz auf unserer Reise uns begleiten und zur Seite stehn, damit wir in allem Gott erkennen. Er, der uns erschafften hat, uns beim Namen nennt, uns liebt, und die wir durch die Taufe, seine Kinder geworden sind.


Dienstag, 13. Oktober 2015

Wir haben uns auf den Weg gemacht. Umgebung von Sansepolcro
Unsere erste Pilgerwanderung führte uns durch den geheimnisvollen Wald von Camaldoni. In früheren Jahrhunderten waren Wälder gefährliche Orte. Dort hausten wilde Tiere und blutrünstige Räuber trieben ihr Unwesen. Heute war es ein Gruppe von Pilgern, die durch den Wald schlich. Das es nur einmal regnete, sintflutartig von Anfang bis Schluss, waren alle mit Regenkleidung ausgerüstet. Wie ein farbiger Tatzelwurm zog sich unsere Kolonne unter den Bäumen durch. Hätten wir nicht immer den nächsten und wieder den nächsten Schritt gemacht, wären wir nicht zu Stein erstarrt wie Lots Frau, sondern in der Nässe zerflossen. Trotzdem gewannen wir viele neue Eindrücke und fühlten uns Franzsikus sehr nahe. Auf seinen Wegen hatter er sicher mit der Unbill seiner Zeit zu kämpfen. Nach der intensiven Befeuchtung sind wir nun am Trocknen, damit wir morgen mit neuem Elan die zweite Wanderung in Angriff nehmen können.


Mittwoch, 14. Oktober

Scheinbar reden Petrus und Franziskus nicht miteinander, könnte man meinen. So musste das Organisationsteam auf ein AlternativProgramm ausweichen. Wir besichtigten Anghiari, ein kleines mittelalterliches Städtchen. Dort fanden wir uns im lokalen Markttreiben wieder. Möglicherweise kamen bei einigen Heimatgefühle auf, da heute in Brig auch Zantgallumärt war. Die einzig sichere Wetterprognose, die für den heutigen Tag Bestand hatte: es hat aufgehört, nazla mit rägnu. Am Nachmittag nahmen wir den Schlussteil der vorgesehenen Wanderung unter die Füsse. War es gestern geheimnisvoll, wurde es heute mystisch. Passend dazu das Gedicht von Hermann Hesse, welches einigen Teilnehmenden einfiel:
Seltsam, im Nebel zuwandern!
Einsam ist jeder Busch und Stein.
Kein Baum sieht den anderen.
Jeder ist allein.
Voll von Freunden war mir die Welt,
als mein Leben noch Licht war.
Nun, da der Nebel fällt,
ist keiner mehr sichtbar.
Wahrlich, keiner ist weise,
der nicht das Dunkel kennt,
das unentrinnbar und leise
von allem ihn trennt.
Seltsam, im Nebel zu wandern!
Leben ist Einsamsein.
Kein Mensch kennt den andern.
Jeder ist allein.

Morgen werden wir bei hoffentlich besserem Wetter nach Assisi wandern. Drückt uns die Daumen.


Entre Parenthese

Das Wunder der Schöpfung.
Zum ersten war es die Sonne, die uns den Weg beschien, hin nach Assisi. Dann war es die Silouette von Assisi, die am Horizont nach einem Teil des Wegstücks auftauchte. Immer wieder sahen wir einen anderen Ausschitt, je näher wir kamen. Auf unserem Weg kamen wir ebenfalls an Olivenhainen vorbei, die die meisten von uns an Sonne, Wärme und Ferien im Süden erinnerten. Während wir so dahin gingen, unterhielten wir uns darüber, ob nun der Mann oder die Frau oder beide zusammen oder... ein Wunder der Schöpfung seien. Vielleicht habt auch ihr zu Hause einen Augenblick der Musse, dieser Frage mit einem Schmunzeln auf den Lippen und einem Augenzwinkern nach zu gehen. Auf dieser Linie weiter gedacht, können wir auch nach den Beweg gründen fragen, aus denen Frauen und Männer sich zum Pilgern aufmachen. Pfarrer Daniel hat uns dazu eine Liste vorgelesen, die auf uns heutige Menschen eher nicht mehr zutrifft: als Busse, um ewiges Leben zu erlangen oder wegen eines besonderen Anliegens. Alles sehr konkrete Vorstellungen, wie Gott oder die heilige Person vor Ort helfen sollen. Manchmal führt eine Pilgerreise allerdings nicht nur an ein Ziel oder einen Ort, sondern ist der Anfang von etwas, das uns so nicht vorgeschwebt ist. Franziskus hat das mehrmals erlebt, als er auf der Suche war nach seiner Bestimmung. Und wir?... On verra, oder wie der Italiener sagt: Vediamo.


Franziskus und die Tiere

Heute besuchten wir die Einsiedelei von Carceri. Dorthin zog sich Franziskus zurück, war eins mit der Natur und schöpfte aus ihr wieder neue Kraft. Dies ist auch der Ort, wo er den Vögeln gepredigt haben soll. Dann machten wir uns auf den Weg und stiegen auf den Hausberg von Assisi. Dabei trafen wir auf Rinder und Pferde, die friedlich miteinander grasten. Zu unsere Gruppe gehört auch Raschka , die Hündin von Moby und Margrit. Heute zeigte sie uns, wie sie selbst im hohen Alter von 74 Menschenjahren noch sehr verspielt sein kann. Wir machten uns alle ein Mü Sorgen, ob sie den Weg bis zum Schluss schaffen würde. Irgendwann einmal blieb die ganze Gruppe auf einem Haufen stehen. Wir bewunderten eine Gottesanbeterin, die über die Grashalme wandelte. Wir vergassen ob dieses Anblicks fast, das sie uns an einen Straffel erinnerte. Während wir uns die Pferde anschauten, warfen diese auch einen Blick auf uns. Es war ihnen anzusehen, wie sie uns einzuteilen versuchten. Leider wurde für uns nicht ersichtlich, ob sie uns zu den Tieren zählten oder wir für sie eine eigene Spezies waren.


Sonntag, 18. Oktober

Kirchen, Klöster und andere Kapellen
Begibt man sich auf die Spuren von Franziskus, tritt unweigerlich in kirchliche Gebäude ein, die von seinem Wirken erzählen. Im Zentrum stehen natürlich die obere und untere Basilika von Assisi. Fresken zeigen alle wichtigen Auschnitte aus seinem Leben. Die berühmtesten sind die von dem berühmten italienischen Maler Giotto. Dort, in der Krypta liegt Franziskus auch begraben. Den Basiliken ist ein Kloster angeschlossen. Die Patres, Franziskaner machen auch die Führungen der Gruppenarbeit. So kamen auch wir in den Genuss der Ausführungen von Pater Thomas. Er erklärte uns nicht nur, was wir wo sehen konnten, sondern brachte uns auf eindrückliche Weise die franziskanische Lebensart näher. Gleiches gilt es von Schwester Elisabeth zu sagen, die uns anhand des Lebens von Franziskus die Stadt zeigte. Heute waren wir zuerst in der Portiunkula, einem Kirchlein in der Basilika. Franziskus versammelte da seine Mitbrüder zu den ersten Versammlungen des Ordens. Als er im Sterben lag, brachten ihn seine Mitbrüder dorthin. Am Nachmittag besichtigten Spoleto. Dort hatte Franziskus seinen Traum, de ihn dazu bewog nicht als Ritter in den Krieg zu ziehen, sondern nach Assisi zurück zu kehren und sein Leben zu ändern. Daneben sahen wir uns wieder Zellen in Klöstern und Einsiedelein an, in die sich Franziskus zum Beten zurück zog.


Ein kleiner Nachtrag

ich habe mich gefragt, wohin wir uns zurück ziehen würden, um in uns zu gehen und Gott näher zu kommen. Sicher kämen wir nicht mit so wenig aus, wie Franziskus. Sicher würde es uns schwerer fallen, alle unsere Besitztümer zurück zu lassen. Sicher würde es uns schwerer fallen, still zu werden und vor allem zu warten. Sicher hätten wir Entzug von all unseren technischen Errungenschaften, allen voran unseren Handys. Aber ohne dieses Teil könnte ich euch nicht berichten.
PS: Bei den Fehlern macht sich die Sonntagsmüdigkeit bemerkbar.


Montag, 19. Oktober

Pace e bene
Ein Werkzeug des Friedens sein. Wo sollen wir da bloss anfangen? Bringt unser Einsatz überhaupt etwas, wenn die Meldungen von Terror und Kriegen nicht abnehmen? Und wenn wir anfangen: erst bei uns oder an Orten von Krisen? Vielleicht sind das schon zu viele Fragen auf einmal und spürbar wirksam ist damit noch nichts geworden. Franziskus blieb hartnäckig in dem, was ihm für sein Wirken wichtig war. Als wir heute eine weitere Einsiedelei besuchten, in die er sich zurück zog. Dahin kam er, weil er in Assisi zusammen mit seinen Brüdern nicht mehr geduldet wurde. Die Leute am Ort der Einsiedelei Poggio Bustone sahen in ihm allerdings einen Mann des Friedens. Dort richtete er seine Bewegung darauf aus, hin zu den Menschen zu gehen, ihnen von Gott zu erzählen, und die Nächstenliebe vor zu leben. Er ging auf alle mit Respekt zu, wie es auch die Begegnung mit dem Aussätzigen zeigt. In Assisi erklärte man ihn für verrückt (matt). Scheinbar fallen also Menschen auf, die den Weg des Friedens beschreiten. Dafür zeigt uns die Weltgeschichte noch andere Beispiele. Die Frage ist also: wieviel Verrücktheit sind wir bereit, zu investieren?


Dienstag, 20. Oktober

Wenn das Herz nicht betet, bemüht sich die Zunge umsonst.

Diesen einprägsamen Satz findet sich im Chorgestühl der Einsiedelei Fonte Colombo. Hier war Franziskus, als es ihm gesundheitlich nicht gut ging. Es ist aber auch der Ort, an dem er die Regeln des Ordens festlegte. Während unseren Wanderungen gingen wir immer einen Teil der Strecke schweigend. Dabei hatten wir Zeit, über einen Impuls nachzusinnen, den wir vorher erhalten hatten. Vielleicht lässt sich darum sagen, wir schonten unsere Zunge, horchten aber in uns hinein und liessen unser Herz sprechen.
Wer zu Beginn der Wallfahrt sich eventuell fragte, ob Schweigen überhaupt möglich und sinnvoll sein würde, erkannte mit jedem Tag immer besser, wie wohl es tat. Jedes blieb bei sich selbst und sah sich der Aufgabe entledigt, sich mit den anderen auszutauschen Und sich ablenken zu lassen. Ich bin sicher, jede und jeder gewann dadurch neue Erkenntnisse über sich selber. Was sie verändern oder bewirken können, wird sich vielleicht erst im Alltag zu Hause bemerkbar machen. Trotzdem hatte unsere Zunge nich zu darben. Wir wurden kulinarisch verwöhnt und unsere Geschmackssinne kamen auf ihre Rechnung. Einzig etwas trübte unsere Zunge. Sie bekam nicht die Gelegenheit, ein richtiges italienisches Gelato zu schlecken. Vielleicht bedeutet es ja, Franziskus würde uns gerne wieder sehen...'